Insektenschutz durch Kleintierzucht

 

Allerorts ist vom Insektensterben zu hören. Gleichzeitig gibt es einen Rückgang an Kleintierzüchtern. Jetzt fragen sie sich sicherlich, was hat das Eine mit dem Anderen zu tun? Dieser Frage gehen wir jetzt einmal Schritt für Schritt nach.

 

Kleintierzucht war besonders zu Kriegsjahren äußerst beliebt. So sicherten die Kaninchen und Hühner doch so manche Fleischbeilage in der Küche. Mit einher ging oftmals ein Gemüsegarten. Wer also einen Garten hatte, der hatte da meist Kaninchen und /oder Hühner mit integriert. Das hatte man früher halt so. Jeder kennt noch die Stallhasen, die in den Gärten gehalten wurden in den Buchtenställen. Denn dieses System war platzsparend und ging mit einem hohem Fleischertrag einher. So gut wie jeder in der Nachbarschaft kannte jemanden, der solche Ställe hatte, oder eben Hühner hielt, wegen der Eier. Mit den Tieren fiel natürlich auch Mist an. Stallmist. Dieser wurde dann in einer Ecke des Gartens mit kompostiert. Dabei ergab sich bei Kaninchenmist ein gutes Nährstoffverhältnis, bedingt durch das enthaltene Stroh. Die Hühner durchwühlten diesen Haufen dann regelmäßig nach Würmern und durchlüfteten den Mistberg. Der Mistwurm (eisenia foetidia) liebt den Mist von Kaninchen. Der Mist ist nicht scharf, wie bei Hühnern und kann sofort von dem Wurm besiedelt werden. Wer dann noch regelmäßig Urgesteinsmehl zur Geruchsbindung mit über den Misthaufen gestreut hat, gab den Mistwürmern die passenden Mineralien zum Vermehren mit auf den Weg. Schon bald gesellten sich Tausendfüßler, Mistkäfer, Fliegen und andere Insekten um dieses geschaffene Insektenbiotop. Denn genau das ist ein Misthaufen. Von Insekten, wie Käfern, Fliegen und Würmern besiedelt, kamen auch Vögel und Fledermäuse dazu, die dort auf Insektenjagd gehen konnten. Denn im Gegensatz zu Gülle ist ein Misthaufen ein wertvolles Biotop. Wo sonst finden Mistkäfer noch festen Kot von Pflanzenfressern, den sie zur Vermehrung benötigen in der Stadt? Kaninchenmist kann sogar direkt im Garten auf den Beeten ausgebracht werden, ohne die Pflanzen zu „verbrennen“. Rosen profitieren von dem Mist genauso wie alle Starkzehrer im Gemüsebeet. Für alle die nicht so viel über passende Düngung im Gemüsegarten wissen; mit Kaninchenmist kann alles gedüngt werden was Kaninchen auch fressen würden. Gleiches verhält sich auch mit Hühnermist.

 

In unserer Heimat hier in Ostwestfalen ist der Grünkohl das Nationalgemüse und wurde natürlich mit Kaninchenmist gedüngt. Bei der Lippischen Palme wurden die unteren Blätter an die Kaninchen und Hühner mit verfüttert, während der obere Teil für den Menschen bestimmt war. So teilte man sich sein Gemüse mit dem Kleinvieh im Garten. Das Mulchen der Beete mit Stroh oder Mist ergibt auch sofort sichtbare Vorteile. Der Boden wird bedeckt und unter der Mulchschicht siedeln sich Kleinstlebewesen an. Der Boden wird dadurch verbessert und das Gemüse und Obst wächst noch besser. Die Gartenerde muss nicht ständig gehackt werden und das Unkraut wird unterdrückt. Der Wasserbedarf sinkt ebenfalls durch die Bedeckung des Bodens und der geringeren Verdunstung. So macht Gärtnern doch gleich viel mehr Spaß.

 

Mit dem Kohlanbau wurden auch immer Nistkästen im Garten angebracht, denn Rotkehlchen und Zaunkönig wandern morgens gerne durch Kohlbeete und fressen dort die Kohlraupen ab, wenn sie welche finden. Heutzutage wird im biologischem Gartenanbau ein Gemüseschutznetz über die Kohlpflanzen gezogen, um die Schädlinge abzuhalten. Da schaut das Rotkehlchen dann mit hungrigem Bauch auf die Kohlreihen im Garten. Wie sollen die Vögel Insekten finden, wenn wir Ihnen den Zugang zu den Schädlingen verwehren? Der Kleintierzüchtergarten ist Tummelplatz für heimische Vögel und hält mehrere Nistmöglichkeiten parat. Zudem sorgt ein Misthaufen für Insektenreichtum und wenn in Mischkultur das Gemüse und Obst angebaut wird ergibt sich auch eine regional angepasste Sortenvielfalt. Denn viele Gärtner verwenden auch ihr eigenes Saatgut und somit können sich die Pflanzen auch an ihren Standort besonders gut anpassen.

 

Leider hat sich das Bild in den Stadtgärten sehr gewandelt. Meist finden sich liebevoll gehegte Rhododendronbüsche mit Hortensien an den Gartenrändern und in der Mitte begrünt Rasen die Fläche. Bei einigen stehen dann noch Schaukel und Sandkasten mit im Garten. Der Gemüseanbau wird nicht mehr so exzessiv im eigenen Garten betrieben, weil man ja auch günstig sein Obst und Gemüse im Disounter um die Ecke bekommt. Die Nachbarn möchten nicht mit dem Gestank eines Misthaufens belästigt werden oder gar dem Hahnenschrei am Morgen. So wurde die Kleintierzucht immer mehr aus den Gärten verdrängt. Bei so sauber geputzten Gärten, kann sich kein Artenreichtum einstellen, weil die Lebensbedingungen dafür fehlen. Kleintierzüchter agieren im Einklang mit der Natur und erschaffen Lebensräume in der Stadt. Es ist schlichtweg unfair, den Bauern alles in die Schuhe schieben zu wollen, wenn es doch einen Lebensstilwandel in den Städten und Vorstädten gab in Bezug auf die Kleintierzucht. Denn dadurch fallen sehr viele Lebensräume für Insekten und Vögel weg. Da hilft es dann auch nicht, Blühstreifen an Äckern zu installieren, die hauptsächlich von nektarliebenden Insekten aufgesucht werden. Der Mistkäfer ist eine vom Aussterben bedrohte Art und findet kaum noch ausreichend Mist in unseren Städten.

 

Gestaltet wieder mehr Insektenbiotope in der Stadt und werdet Kleintierzüchter!

 

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Kommentare: 1
  • #1

    rpk95 (Mittwoch, 17 Februar 2021 11:04)

    Ich habe den Artikel mit großem Interesse gelesen und immer wieder meinen Lebensstil zwischen den Zeilen gefunden.
    Ich selbst wohne in einer Kleinstadt, im Wohngebiet und halte mir dort Hühner, Truthähne, Wachteln, Enten, Gänse und Kaninchen. Meine Nachbarn beschweren sich keineswegs über Geruchs- oder Geräuschbelästigung - im Gegenteil Eltern und Großeltern kommen mit ihren Kindern um die Tiere zu sehen, sämtliche Nachbarn versorgen mich mit trockenem Brot und Gemüseresten und mein großer Kompost mit Mist erfreut sich zahlreicher Abnehmer in der Straße.
    Mal ganz davon abgesehen davon, dass ich in den letzten Jahren sowohl Fledermäuse und sogar eine Schleiereule, sowie deutlich mehr Singvøgel als zuvor beobachten kann!
    Meine Tierchen sind den ganzen Tag frei im Garten unterwegs - klar werden so die Johannisbeer- und Blaubeersträucher unten beerntet aber alles was über Kopfhöhe der Tiere ist bleibt trotzdem mir - sogar in solchen Mengen das ich regelmäßig einkochen kann. Meine Gemüsebeete sind unkrautfrei da täglich die kleinen Mitbewohner durchlaufen - die Saat- und Pflanzreihen habe ich mit Gittern abgedeckt.
    Für mich ein Konzept das wunderbar funktioniert und alle davon profitieren!
    (Hätte gerne noch Bilder hinzugefügt, aber ich denke ich habe einen guten Überblick gegeben)